Permanente Öffentlichkeitsarbeit über Social Media-Kanäle ist in der Politik auf den Europa-, Bundestags- und Landtagsebenen weitgehend etabliert. Die meisten jüngeren Abgeordneten greifen selbst zur Tastatur oder zum Smartphone und bedienen ihre Kanäle, einige andere delegieren diese Arbeit an das Mitarbeiter-Team weiter. Schwieriger ist es für die ehrenamtlichen Feierabendparlamentarier im kommunalen Bereich. Nicht jedes Ratsmitglied kann diesen Aufwand leisten. Trotzdem trägt diese Arbeit fast immer Früchte. Social Media-Kanäle dienen (Freizeit-)Politikern weniger als schnelle PR-Vehikel, dafür mehr als Kanal für den permanenten Bürgerkontakt. Wer sich hier im Laufe einer Legislaturperiode engagiert, ruft sich auch am Wahltag in Erinnerung.
Gut anderthalb Jahre vor der nächsten Kommunalwahl in Niedersachsen lohnt sich der Blick auf die Social Media-Aktivitäten der demokratischen Ratsmitglieder in Oldenburg mit Schwerpunkt auf Facebook und Twitter. Bei dieser Auflistung geht es vornehmlich um das Vorhandensein und die Zugänglichkeit der Kanäle, weniger um die Qualität der Kommunikation. Idealerweise präsentieren sich die Lokalpolitiker auf einer eigenen Facebook-Seite und weniger über ihr privates Facebook-Konto. Der Vorteil: Man kann private Einträge im Account auch weitgehend privat halten und sich auf der Seite auf die Ratsarbeit konzentrieren. Außerdem möchten die meisten Facebook-Nutzer nicht mit dem Ratsmitglied, das sie in aller Regel persönlich nicht kennen, direkt „befreundet“ sein. Möchte man keine Seite betreiben, sollte der Facebook-Account auch ohne Freundschaftsanfrage abonnierbar sein.
Insgesamt ist bei den Oldenburger Ratsmitgliedern das Verhältnis zwischen Nutzung und Nichtnutzung von Social Media-Kanälen ausgeglichen. Unter den drei großen Frakionen haben die Grünen mit 57 Prozent Social Media-Nutzung knapp die Nase vorne, gefolgt von der SPD (53) und der CDU (50). Positive Ausreißer unter den Ratsmitgliedern sind Sebastian Beer von den Grünen, der in seinem Account viele lokalpoltische Themen aufgreift, Holger Grond von der CDU, der als einziges Ratsmitglied bei Facebook auch für Nicht-Freunde abonnierbar ist sowie Jens Ilse von den Linken, der als einziger Ratsherr eine richtige Facebook-Seite betreibt.
Es folgen die einzelnen Ergebnisse:
SPD:
- Bernd Bischoff: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Kein Twitter-Profil.
- Germaid Eilers-Dörfler: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Kein Twitter-Profil.
- Christoph Sahm: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Twitter-Profil vorhanden, seit Mai 2012 inaktiv.
- Bernhard Ellberg: Facebook-Account vorhanden (ohne Foto), Inhalte weitgehend nicht öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Jens Freymuth: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Nicole Piechotta: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Bärbel Nienaber: Facebook-Account vorhanden (ohne Foto), Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Alexander Wandscher: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Renke Meerbothe: Facebook-Account vorhanden (positiv: Kennzeichnung „Ratsherr in Oldenburg“), Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
Acht weitere SPD-Ratsmitglieder verfügen über keine auffindbaren Social Media-Präsenzen, die sich eindeutig auf die jeweiligen Personen zuordnen lassen.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Maren Niehuis: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Jürgen Diekmann: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich unsichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Annelen Meyer: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich unsichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Sascha Brüggemann: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Twitter-Profil vorhanden (positiv: Kennzeichnung „Ratsherr in Oldenburg“, hier aber seit Februar 2014 inaktiv).
- Sinje Eichner: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich unsichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Alexander Broel: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Stephan Friebel: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Only-read Twitter-Profil.
- Sebastian Beer: Facebook-Account vorhanden (positiv: Kennzeichnung „Ratsherr in Oldenburg“), Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
Sechs weitere grüne Ratsmitglieder verfügen über keine auffindbaren Social Media-Präsenzen, die sich eindeutig auf die jeweiligen Personen zuordnen lassen.
CDU:
- Olaf Klaukien: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Twitter-Profil vorhanden (seit August 2012 inaktiv).
- Holger Grond: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, abonnierbar auch ohne Freundschaftsanfrage.
- Joachim Voß: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Esther Niewerth-Baumann: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Hans-Georg Heß: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
Fünf weitere CDU-Ratsmitglieder verfügen über keine auffindbaren Social Media-Präsenzen, die sich eindeutig auf die jeweiligen Personen zuordnen lassen.
Schöne Idee: Die CDU-Fraktion verfügt über eine öffentliche Gruppe bei Facebook, die aber leider nicht mehr aktuell ist (letzter inhaltlicher Beitrag im Februar 2012).
Die Linke/Piratenpartei:
- Hans-Henning Adler: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
- Jens Ilse: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich sichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage. Facebook-Seite vorhanden.
Zwei weitere Linke/Piratenpartei-Ratsmitglieder verfügen über keine auffindbaren Social Media-Präsenzen, die sich eindeutig auf die jeweiligen Personen zuordnen lassen.
FDP/WFO:
- Franz Norrenbrock: Facebook-Account vorhanden, Inhalte öffentlich unsichtbar, Abo nur via Freundschaftsanfrage.
Das weitere FDP/WFO-Ratsmitglied verfügt über keine auffindbare Social Media-Präsenz, die sich eindeutig auf die Person zuordnen lässt.
Freie Wähler/BfO:
Beide BfO-Ratsmitglieder verfügen über keine auffindbaren Social Media-Präsenzen, die sich eindeutig auf die jeweiligen Personen zuordnen lassen.
Wert lege ich darauf, dass es nicht darum geht, Ratsmitglieder, die in den Netzwerken nicht oder nur eingeschränkt aktiv sind, an den Pranger zu stellen. Wem Öffentlichkeitsarbeit über soziale Netzwerke nicht liegt, ist gut beraten, davon auch weiterhin Abstand zu nehmen. Dafür muss sich niemand rechtfertigen. Selbst die Bundeskanzlerin ist im Gegensatz zu vielen anderen Regierungschefs in den Netzwerken persönlich inaktiv.
Vielleicht gibt es aber auch Ratsmitglieder, die einen solchen Beitrag als positiven Gedankenstoß mitnehmen und ihre Online-Öffentlichkeitsarbeit optimieren. Luft nach oben besteht bei ausnahmslos allen Ratsmitgliedern. Jetzt, etwa 20 Monate vor der Wahl, ist es der ideale Zeitpunkt, Änderungen in Angriff zu nehmen. Bei der Gelegenheit sollte auch Twitter eine Chance gegeben werden. Auch wenn dort weniger Menschen als bei Facebook erreicht werden, lohnen sich die 140 Zeichen aufgrund wichtiger Multiplikatoren. Zudem ist Twitter ein gutes Live-Medium um Eindrücke aus laufenden Sitzungen (natürlich nur aus öffentlichen) zu vermitteln.
Mich wundert ferner, dass keine Fraktion in Oldenburg über eine gemeinsame Social Media-Präsenz, z.B. eine Facebook-Seite, verfügt. Hier könnte ein Fraktionsprecher/-mitarbeiter oder auch externer Medien-Beauftragter die Inhalte sammeln, nach Relevanz einordnen und zentral posten. Auf diese Weise wird auch Ratsmitglieder, die nicht in den Netzwerken sind oder dort privat bleiben möchten, eine Stimme gegeben. Fraktionen in anderen Kommunen nutzen diese Möglichkeit der Kontaktpflege mit den Bürgern schon länger mit Erfolg.
Man muss sich allerdings gerade hier gut überlegen, ob man die Pflege der Online-Präsenz auch regelmäßig leisten kann. Eine brachliegende Seite einer einzelnen Person ist noch verzeihbar, für eine Institution ist sie kontraproduktiv.
Bei der Auflistung schließe ich Irrtümer nicht aus, da nicht jede Präsenz in den Netzwerken automatisch über die Suchfunktionen auffindbar sein muss. Senden Sie mir ggf. Korrekturen bitte per Kommentar oder Mail, damit ich sie nachträglich berücksichtigen kann. Allerdings wird dieser Beitrag nicht in dem Sinne laufend aktualisiert, dass neue Social Media-Präsenzen oder Änderungen, die nach dem Zeitstempel dieses Artikels entstehen, berücksichtigt werden. Dafür bitte ich um Verständnis.
Der Beitrag Fifty-fifty: Social Media-Nutzung in der Lokalpolitik erschien zuerst auf nachwert | Kommunikation | Social Media Marketing | PR.